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Aktuelles

Arbeitsmarktbilanz 2020!

Covid und mehr...

Zum Jahresbeginn wurde ein Wirtschaftswachstum von gut einem Prozent erwartet. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass die Corona-Pandemie den Arbeitsmarkt schlagartig verändern wird.

Aktuellen Prognosen zufolge schrumpft die Wirtschaft in diesem Jahr um zehn Prozent (Einschätzung Synthesis Forschung im Auftrag des AMS). Die Arbeitslosenquote wird österreichweit im Jahresdurchschnitt auf zehn Prozent ansteigen (2019: 7,4%), in Niederösterreich bei etwa 9,6% liegen (2019: 7,5%) und sich für den Bezirk Hollabrunn mit 8,0% errechnen (2019: 6,1%). Diese Zahlen verdeutlichen, dass der Hollabrunner Arbeitsmarkt von Covid-19 geringfügig weniger getroffen wurde, als andere Regionen. Die bis zum Jahresende hochgerechneten Durchschnittszahlen für 2020 zeigen, dass es im Bezirk Hollabrunn 19.876 unselbstständig Beschäftigte (2019: 20.241) geben wird. Im Jahresdurchschnitt werden in Hollabrunn 1.731 Menschen arbeitslos gewesen sein, um 30,7% Prozent mehr als im Vorjahr (NÖ plus 29,7%). Frauen sind mit einer Zunahme der Arbeitslosigkeit um 35,7% überdurchschnittlich betroffen.

Covid-19 verursacht hohe Arbeitslosigkeit
Mitte März stieg die Arbeitslosigkeit im Bezirk rasant an. Rund 900 Beschäftigte verloren innerhalb von zwei Wochen ihren Arbeitsplatz. So viele, wie sonst alle Saisonbeschäftigen über den Winter. Ende März wurde ein Höchststand an 2.119 Arbeitslosen verzeichnet. „Es war eine Mammutaufgabe dafür zu sorgen, dass alle Betroffenen pünktlich ihr Arbeitslosengeld erhalten“, erinnert sich AMS-Geschäftsstellenleiter Josef Mukstadt. Ein von den Verantwortlichen in Politik und Sozialpartnerschaft in kürzest möglicher Zeit entwickeltes System der Corona-Kurzarbeit verhinderte einen noch dramatischeren Anstieg der Arbeitslosigkeit. Zum Höchststand im zweiten Quartal befanden sich im Bezirk rund 2.800 Beschäftigte in Kurzarbeit. Knapp 400 Betriebe konnten damit das Beschäftigungsausmaß an die jeweilige Auftrags- bzw. Umsatzlage anpassen. Für Beschäftigte sicherte Kurzarbeit den Erhalt des Arbeitsplatzes und ein Nettoeinkommen von bis zu 90 Prozent. Die Abwicklung von Kurzarbeit stellte Unternehmen und Steuerberatungskanzleien vor große Herausforderungen. Die Menge an Anträgen so rasch als möglich zu erledigen, war nur durch extremen Einsatz aller Beteiligten möglich. Viele AMS-MitarbeiterInnen wechselten aus ihren angestammten Aufgabenbereichen in Kurzarbeitsteams. „Die überregional vernetzte AMS-IT, das gute Teamwork im AMS Hollabrunn und die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit Betrieben sowie der Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer im Bezirk haben sich dabei besonders bewährt“, ist AMS-Chef Mukstadt überzeugt.

Gesundheitskrise verändert die Arbeitswelt
Wie kein anderes Jahr zuvor veränderte das Jahr 2020 die Kommunikationskanäle. Homeoffice, Digitalisierung und leistungsfähige Internetverbindungen für Online- und Telefonkommunikation haben eine Bedeutung erlangt, wie sie noch vor einigen Monaten nicht vorstellbar war. Mit bereits vor längerer Zeit eingeführten eAMS-Konten für Arbeitsuchende und Betriebe war man im Arbeitsmarktservice bestens auf die neue Situation vorbereitet. Die Möglichkeit einer kontaktlosen Arbeitslosmeldung via Internet oder Telefon nutzten 90% aller Betroffenen. Die Beantragung und Abrechnung von Kurzarbeit läuft nunmehr ausschließlich über das eAMS-Konto für Unternehmen. Als systemerhaltende Einrichtung blieb das Arbeitsmarktservice für persönliche Vorsprachen an Vormittagen ohne Unterbrechung geöffnet. Die Aufrechterhaltung des Betriebes wurde durch wöchentlich zwischen Homeoffice und Präsenz wechselnden Teams abgesichert. Im AMS-Gebäude werden alle Schutzmaßnahmen für KundInnen und MitarbeiterInnen mit großer Sorgfalt umgesetzt. Das Beratungsgeschehen verlagerte sich schwerpunktmäßig auf Telefonate. In der Jobvermittlung haben sich Online-Kanäle bestens bewährt. Das bestätigen Umfragen bei Unternehmen und Arbeitsuchenden. Jeweils 86,5% in beiden Gruppen waren mit dem Dienstleistungsangebot des AMS im Krisenjahr sehr zufrieden.

Vermittlungsmotor läuft auf Hochtouren
Je länger es bis zur nächsten Beschäftigung dauert, desto schwieriger wird die Arbeitssuche. Die Jobvermittlung war deshalb neben Existenzsicherung und Kurzarbeitsabwicklung ein besonderer Schwerpunkt. Der Erfolg ist in Zahlen messbar: Im Lauf dieses Jahres haben 2.564 beim AMS Hollabrunn gemeldete Personen wieder einen Arbeitsplatz gefunden haben, um 15,1% mehr als 2019. „Trotz schwieriger Rahmenbedingungen läuft der Vermittlungsmotor in der Hollabrunner Winiwarterstraße auf Hochtouren“, so das Resümee von AMS-Chef Mukstadt. Dennoch hat die dauerhafte Ausgrenzung vom Arbeitsmarkt deutlich zugenommen. Für jene, die bereits vor der Gesundheitskrise Handicaps bei der Jobsuche hatten, wurde es in den vergangenen Monaten noch schwieriger, einen Arbeitsplatz zu finden. Als Folge des in Krisenzeiten noch stärker werdenden Verdrängungswettbewerbes stieg die Langzeitarbeitslosigkeit im Jahr 2020 auf 271 Personen (2019: 231).

Weiterbildung für den Neustart nach der Krise
Rund 40% aller Arbeitslosen verfügen über keine Berufsausbildung. Auch für Fachkräfte kann Weiterbildung während der aktuellen Wirtschaftskrise zum Schlüssel für einen erfolgreichen Wiedereinstieg ins Berufsleben werden. Aus diesem Grund hat das Arbeitsmarktservice ein Paket mit zukunftsweisenden Qualifizierungsangeboten geschnürt. Neben dem Ausbau bisheriger Ausbildungen werden hochwertige Spezialisierungen in Klima- und Prozesstechnik, Umwelttechnik, Industrierobotik, Medientechnik, Applikationsentwicklung und Netzwerktechnik angeboten. Ebenso die Möglichkeiten einer arbeitsplatznahen Qualifizierung in Gesundheits- und Pflegeberufen oder Ausbildungen in anderen Bereichen. Wenn sich im AMS-Angebot nichts Passendes findet, können Ausbildungen am freien Bildungsmarkt finanziert werden. „Wenn für den nächsten Arbeitsplatz beispielsweise „nur“ ein Staplerschein erforderlich ist, wird auch das möglich sein“, beschreibt Mukstadt die Bandbreite von Ausbildungen. Bei der Auswahl wird auf Vorschläge und Interessen von Arbeitsuchenden großer Stellenwert gelegt. Allerdings ist nicht jeder Ausbildungswunsch finanzierbar. Voraussetzung für eine Förderung ist die nachhaltige Erhöhung von Beschäftigungschancen.

Prognose mit vielen Unwägbarkeiten
Ein neuerlicher Lockdown vor und nach dem Jahreswechsel sowie die nicht absehbare weitere Entwicklung eröffnet Prognosen eine große Bandbreite. Grund zu Optimismus gibt die Tatsache, dass es nach dem Wirtschaftseinbruch im ersten und zweiten Quartal heuer eine moderate Erholung gab. Arbeitsplatzverluste über die Wintermonate sind meist mit Wiedereinstellungszusagen verbunden.
Das im Bezirk sehr präsente Bau- und Baunebengewerbe wird ein Eckpfeiler der Beschäftigung bleiben. Das Gesundheitswesen, IT-Dienstleistungen, der Lebensmitteleinzelhandel und Baumärkte sowie Steuer- und Unternehmensberatung sind weitere Branchen mit kontinuierlichem Personalbedarf. Bedeutend schwieriger sind die Aussichten für Gastronomie, Beherbergung, im Textileinzelhandel, in der Arbeitskräfteüberlassung sowie in Reisebüros, Busunternehmen und bei Reiseveranstaltern.
Im November gingen Prognosen noch von einem lediglich moderaten Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahr 2021 aus. Unter günstigen Voraussetzungen kann diese Einschätzung durch eine frühzeitige Erholung der Wirtschaft im zweiten Quartal gehalten werden. Die Wirtschaftsstruktur des Bezirkes Hollabrunn hat sich gegenüber Regionen mit einem großen Anteil an exportorientierten Unternehmen als etwas krisenfester erwiesen. Auf diesen regionalen Bonus zählt man auch im kommenden Jahr. „Die Arbeitslosenquote wird aber dennoch zumindest auf 8,2% ansteigen“, so die Einschätzung im AMS Hollabrunn.